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Es gibt unzählige von ihnen und jedes verspricht die neue Wunderwaffe im Kampf um den Muskelaufbau, die Fettreduktion und die Gesundheit eines Kraftsportlers zu sein – Nahrungsergänzungsmittel oder auf Neudeutsch: Supplements.
Dabei reicht die Auswahl von kraftsteigernden Pillen über fettverbrennende Kapseln bis hin zu regenerierenden Pulvern. Fast allen ist eines gemein: Sie werden über die Darstellung martialisch aussehender, muskelbepackter Athleten vermarktet, die „natürlich“ ihr gesamtes Aussehen nur dieser einen Nahrungsergänzung zu verdanken haben.
Dieser Artikel bewertet die Sinnhaftigkeit und den Nutzen verschiedener Nahrungsergänzungsmittel aus unterschiedlichen Bereichen gestützt auf wissenschaftliche Studien und Fakten und stellt außerdem unsere Top 5 der Supplements und deren Wirkungen vor.

 

Brauchen Sportler Nahrungsergänzungsmittel?

 

Die wohl wichtigste und ausschlaggebendste Frage soll gleich zu Beginn geklärt werden und kann mit einem ganz klaren “jein“ beantwortet werden. Zuallererst sollte klargestellt werden, welchen Sinn Supplements haben und welche Effekte man sich generell davon erwarten kann. Nahrungsergänzungsmittel heißen so, weil sie eine korrekte und gesunde Ernährungsweise lediglich ergänzen, jedoch nicht ersetzen können. Natürlich könnte man seine gesamte Eiweißzufuhr nur über Proteinshakes regeln, doch sprechen sowohl kulinarische als auch finanzielle Aspekte wohl klar dagegen. Auch kann ein Pre-Workout-Booster nicht die über die Nahrung vor dem Training zugeführte Energie ersetzen, die man als Sportler benötigt, um ordentliche Gewichte zu bewegen. Jedoch können sie etwas aufputschen, wacher und fokussierter machen. Grundsätzlich lässt sich also festhalten, dass Supplements niemals die korrekte Ernährung ersetzen, jedoch als kleine Hilfsmittel oft sinnvoll wirken können. Auf den Nutzen der wichtigsten Supplements wird im Folgenden noch eingegangen. Also nein, man „braucht“ Nahrungsergänzungen nicht, jedoch kann es die Kraft- und Regenerationsleistung durchaus optimieren, wenn die richtigen Supplements korrekt und sinnvoll eingesetzt werden.

Nachdem nun die grundsätzliche Frage nach der Sinnhaftigkeit von Supplementen geklärt wurde geht es nun weiter mit unseren Top 5 der Nahrungsergänzungsmittel.

 

Platz 5: Koffein

 

Koffein als Supplement zu bezeichnen ist natürlich etwas übertrieben, da es in vielen alltäglichen Lebensmitteln steckt, ob Cola, Tee oder natürlich Kaffee. Allerdings wird es auch von vielen Nahrungsergänzungsmittelherstellern in Pre-Workout-Boostern eingesetzt und erhält somit auch einen Platz in unserer Liste.

koffein

Der Effekt von Koffein müsste jedem, der schon einmal Kaffee getrunken hat bekannt sein, auch Studien haben sich bei der Frage um temporär leistungssteigernde Effekte hiermit bereits beschäftigz [1]. Allerdings sollte einem bewusst sein, dass der Körper bei regelmäßigem Koffeinkonsum eine Resistenz dagegen aufbaut, sodass die Wirkung des Stoffes nachlässt[2]. Dadurch können auch einige Pre-Workout-Booster nicht so wirken wie sie sollten oder wirken nur schwach, wenn derjenige, der sich eine leistungssteigernde Wirkung davon erwartet im Alltag viel Koffein zu sich nimmt.

 

Platz 4: Whey Protein

 

Bevor es an die eigentliche Bewertung von Whey als Supplement geht, sollte noch einmal kurz in das Gedächtnis gerufen werden, warum der menschliche Körper überhaupt Eiweiß benötigt. Unser Körper besteht zu etwa 70% aus Wasser, danach hauptsächlich aus Eiweiß (15%) und Fett (10%) und zuletzt aus Mineralstoffen, Vitaminen und Kohlenhydraten, welche zu dritt etwa nur 5% unseres Körpergewichts bilden[3]. Dass der Eiweißanteil der größte „Feststoff“ im Körper ist, ist insofern logisch, da unsere Zellen und somit die Muskeln zum großen Teil daraus aufgebaut sind. So macht es Sinn, dass Sportler, die durch (Kraft-)Training ihre Zellen vergrößern und kräftigen wollen (Hypertrophie), genug Protein zuführen müssen, um korrektes und schnelles Muskelwachstum gewährleisten zu können. Ob dieses nun über die Nahrung oder über Shakes zugeführt wird, ist dem Körper primär egal, jedoch hat jede Art von Eiweiß eine eigene Zeit, die es benötigt, um ins Blut und somit zum Muskel zu gelangen.
Nun aber die Antwort auf die Frage, die sich wahrscheinlich viele Stellen: Warum Whey- und nicht Mehrkomponenten- oder Casein-Eiweiß? Die Antwort lässt sich in einer aktuellen Studie aus dem Jahr 2013 finden, die von verschiedenen Instituten und Forschern in Frankreich durchgeführt wurde[4]. Darin wurde der bessere Effekt von Whey-(Molke-)Eiweiß gegen Casein dargestellt, zumindest was den Effekt auf die Muskelermüdung im Training betrifft. Die Teilnehmer dieser Studie nahmen sowohl ein Wheyprotein als auch ein Caseinprotein über den Studienzeitraum von 10 Wochen zu sich. Gemessen wurden zwar keine statistisch relevanten Unterschiede im Muskelaufbau selbst, jedoch konnte nachgewiesen werden, dass Molkeprotein die Muskelermüdung signifikant verlangsamt, was zu besserer Trainingsleistung und somit zu verbessertem Muskelwachstum nach einiger Zeit führen kann. Dass Muskeln in einem 10-wöchigen Zeitraum nicht merklich stärker in der Whey- als in der Casein-Gruppe wachsen kann allerdings schlicht auf den kurzen Zeitraum der Studie zurückgeführt werden.

whey

Jedoch ist natürlich auch Casein kein sinnloses Supplement, durch die längere Verdauungszeit und die damit einhergehende verlangsamte Aufnahme ins Blut eignet es sich optimal zur Einnahme vor dem zu Bett gehen, da es den Körper im Schlaf länger mit Aminosäuren versorgen kann. Allerdings kann man statt diesem Supplement auch einfach Milchprodukte wie Quark oder körnigen Frischkäse in niedriger Fettstufe nehmen, dies würde denselben Effekt erzielen, jedoch muss das natürlich jeder für sich selbst wissen, da spielt der persönliche Geschmack auch eine große Rolle.
Bei dem Mehrkomponentenprotein sieht alles etwas anders aus. Hier kann man nicht klar von einer Unterlegenheit gegenüber dem Whey Protein sprechen, da die Wirksamkeit stark von der Mischung der verschiedenen enthaltenen Proteinsorten abhängt. Wenn zum Beispiel mehr Whey und Hühnereieiweiß (Albumin) enthalten ist als Casein und Soja-Eiweiß, so kann man durchaus von einem Vorteil gegenüber dem normalen Whey sprechen, allerdings ist dies nicht bei jedem Mehrkomponentenprotein der Fall. Außerdem kommt noch ein sehr wichtiger Punkt hinzu, der immer genannt werden sollte, wenn es um Proteine geht: die biologische Wertigkeit. Sie ist das Maß für die Ähnlichkeit der Aminosäuren Zusammensetzung des aufgenommenen Proteins im Vergleich zu körpereigenen Proteinen, als Konsequenz heißt das, wie viel des verzehrten Eiweiß‘ in körpereigenes Eiweiß umgesetzt werden kann. Dabei liegt die biologische Wertigkeit eines Hühnereis bei 100, dessen enthaltenes Protein kann also zu 100% in körpereigenes umgesetzt werden. Whey hat eine biologische Wertigkeit von 104 und damit die höchste von einem einzelnen Lebensmittel zu erreichende, die von Casein liegt nur bei 77[5].
Als letzten interessanten Punkt ist noch zu nennen, dass in einer Studie[6] nachgewiesen wurde, dass die optimale Dosis einer Whey-Einnahme bei 20 Gramm liegt. Weniger als 20 Gramm haben einen schwächeren Effekt auf die Muskeln, mehr als 20 Gramm einen nur unbedeutend gering größeren.

 

Platz 3: Beta-Alanin

 

Beta-Alanin ist eine nichtessentielle Aminosäure, muss also nicht über die Nahrung aufgenommen werden. Hier beschäftigen wir uns damit, was passiert, wenn sie über Supplementation konzentriert aufgenommen wird. Nach der Aufnahme gelangt es in den Blutkreislauf und wird dort von den Muskeln aufgenommen. Dort synthetisiert Beta-Alanin Carnosyn. Um zu verstehen, welchen Nutzen uns das als Kraftsportlern nützt, ist es wichtig zu wissen, warum unsere Muskeln zu brennen beginnen. Der Körper verwendet als primäre Energiequelle Glucose, also Zucker. Wenn Muskeln belastet werden, verstoffwechselt unser Körper diesen Zucker zu Pyruvat, auch Brenztraubensäure genannt, welches schließlich über komplexe metabolische Stationen zu ATP, also Energie umgewandelt wird. Wenn der Muskel in einen anaeroben Zustand gerät, also nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, wie zum Beispiel bei starker Belastung durch Gewichtstraining, fängt er an, dieses Pyruvat in Laktat, also Milchsäure umzuwandeln. Diese ist, wie schon am Namen erkennbar, sauer, wir merken das wiederum als Brennen in den Muskeln.

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Nebeneffekte von Beta-Alanin sind im Moment kaum bekannt, der einzige ist eine durch die Aufnahme der Aminosäure ausgelöste Parästhesie, diese bezeichnet das für Beta-Alanin charakteristische Kribbeln auf der Haut, das kurz nach Einnahme schon spürbar wird. Man kann diesem Effekt jedoch entgegenwirken, indem man das Beta-Alanin nicht in größerer Menge vor dem Training, sondern in kleineren Portionen über den Tag verteilt zu sich nehmen sollte. Die Auswirkungen auf das Muskelbrennen sind die gleichen, jedoch kann das manchmal auch pelzige, kribbelnde Gefühl so vermieden werden[7].

 

Platz 2: BCAA’s

 

BCAA ist die Kurzform für „Branched-Chained-Amino-Acids“, zu Deutsch „Verzweigt kettige Aminosäuren“. Dieser Name bezeichnet die drei essentiellen (müssen mit der Nahrung aufgenommen werden) Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin. Die Bezeichnung für diese drei Aminosäuren kommt durch die molekulare Struktur derer mit ihren verzweigten Alkyl-Gruppen, genaueres ist zum Verständnis ihrer Funktionsweise nicht von Nöten. Sie übernehmen 14-18% des Aminosäurenanteils im Muskel und sind bei insgesamt 21 proteinogenen (für Proteine codierend) Aminosäuren somit die prominentesten Vertreter.
Wichtig zu erwähnen ist, dass man alle drei BCAA’s aufnehmen muss und nicht nur Leucin, welchem die eigentlich bedeutenden Eigenschaften in Bezug auf die Proteinsynthese zugeschrieben werden, da sonst das Blutserum ein Proteinungleichgewicht aufweist und somit schwerwiegende gesundheitliche Probleme die Folge sein können.

 

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In der Zusammenfassung mehrerer Studien[8], die im Journal of the International Society of Sports Nutrition im Jahr 2014 erschienen ist, wurde nachgewiesen, dass die Supplementation mit BCAA’s die Proteinsynthese, heißt also den Aufbau von Proteinen des Muskels, beziehungsweiser dessen Zellen, stimuliert, mehr als es in der Vergleichsgruppe, welche die gleiche Menge (14 g) an Wheyprotein einnahm. Die Probanden verzeichneten über einen Zeitraum von acht Wochen einen Zuwachs von 4 (!) kg magerer Muskelmasse und eine 2%-ige Fettreduktion, das sind signifikant bessere Ergebnisse als die Whey-Vergleichsgruppe.
Diese eindeutigen Studienergebnisse sprechen klar für eine Supplementation mit BCAA’s und sorgen so für Platz 2 in unserer Liste.

 

Platz 1: Kreatin

 

Allein das Wort Kreatin zaubert den meisten Kraftsportlern schon ein kleines Grinsen ins Gesicht. Die meisten, die es schon einmal über eine gewisse Zeit regelmäßig genommen haben, können von den gleichen positiven Effekten auf ihr Training berichten. Kreatin ist die wohl am besten und großflächigsten erforschte und gleichzeitig sicherste legale Substanz. Es sind keine schädigenden Nebenwirkungen auf innere Organe bekannt und in mehreren Studien wurde die Wirksamkeit des Supplements bestätigt[9]. Es gibt verschiedene Formen von Kreatin auf dem Markt, angefangen bei der wohl bekanntesten, Kreatin Monohydrat, außerdem sind Kreatin-Ethylester und Kre-Alkalyn gängige Varianten. Allerdings konnte weder bei Kreatin-Ethylester noch bei Kre-Alkalyn eine bessere Wirkung nachgewiesen werden, als es bei der gängigsten Form, dem Kreatin Monohydrat der Fall ist[10].

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Die Wirkungsweise von Kreatin ist eigentlich relativ einfach: Damit der Muskel kontrahieren kann, muss Energie in Form von ATP zur Verfügung gestellt werden. Dies passiert zuerst über die bereits genannte Umwandlung von Glucose über Pyruvat. Sobald allerdings keine Glucose mehr verfügbar ist, weil sie entweder aufgebraucht ist, oder der Körper aufgrund einer anaeroben Versorgungssituation im Muskel nicht mehr in der Lage ist, den Zucker beziehungsweise das Pyruvat ordnungsgemäß zu verstoffwechseln, wird eine neue ATP-Quelle benötigt und hier kommt das Kreatin ins Spiel. Um wissenschaftlich korrekt zu bleiben müsste man Kreatinphosphat sagen. Das Kreatin dient nämlich sozusagen nur als Transporter für eine Phosphatgruppe. ATP heißt ausgeschrieben „Adenosin-Triphosphat“, heißt also ein Adenosin mit drei Phosphaten als substituierende Gruppen. ATP liefert Energie, indem es über so genannte Hydrolisierung (Auftrennung einer chemischen Bindung mit Wassergewinn) eine Phosphatgruppe abspaltet und somit zu ADP (Adenosin-Diphosphat) wird, nur noch zwei Phosphate besitzt und keine Energie mehr liefern kann. Nun bringt Kreatin mit seinem Phosphat die Füllung für die entstandene Lücke am ADP mit, überträgt seine Phosphatgruppe, sorgt so für Energieregeneration und zieht wieder los, um ein neues Phosphat zu finden.

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Die gerade genannte Hydrolisierung führt übrigens auch zu den bekannten Wassereinlagerungen, die Kreatin-Konsum mit sich zieht.
So einfach aber genial funktioniert Kreatin, und jetzt wird auch klar, warum die gebräuchlichste Form „Kreatin-Monophosphat“ heißt – sie bringt nämlich schon eine Phosphatgruppe mit.

 

Fazit

Die Industrie wird immer wieder neue Wundermittelchen auf den Markt bringen, ob und wie effektiv diese sind, muss sowohl die Wissenschaft, als auch jeder für sich selbst herausfinden. Unsere Top 5 ist lediglich ein möglicher Leitfaden, um den eigenen Muskelaufbau auf das optimale Niveau zu bringen, allerdings können, wie eingangs bereits erwähnt, auch die teuersten und qualitativ hochwertigsten Supplements niemals eine gesunde und ausgewogene Ernährung ersetzen.

In diesem Sinne:
Bleibt fit – mit Plan!

 

 

Über den Autor:

Andreas Nino Galle ist Personal Trainer, Ernährungs- und Trainingsberater in Potsdam.
Außerdem ist er Blogger und Inhaber des Online Fitness Coaching Service „Fit mit Plan“.
Seit mehr als fünfzehn Jahren beschäftigt er sich mit seinem Geschäftspartner, Andreas Bosse, umfassend mit der Thematik Fitness und Ernährung.


[1] //www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19168925
[2] //www.nature.com/npp/journal/v35/n9/abs/npp201071a.html
[3] //www.rodiehr.de/d_03_grundstoffe_im_koerper.htm
[4] //www.jissn.com/content/11/1/36
[5] //de.wikipedia.org/wiki/Eiwei%C3%9Fpulver#Molkenproteinpulver
[6] //www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24257722
[7] //www.jissn.com/content/11/1/20
[8] //www.jissn.com/content/11/1/20
[9]  //www.jissn.com/content/11/1/20
[10] www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19228401?dopt=Abstract&holding=f1000,f1000m,isrctn